Verflixt, ich hab es falsch verstanden. Auf dem Ticket steht, es wäre eine Stunde lang gültig, aber, erklärte mir der Kontrolleur, das schließe nicht die Rückfahrt ein. Ich wusste, dass man umsteigen kann, und irgendwie hab ich das zu grob verallgemeinert. Ich dachte ehrlich, das wäre in Ordnung. Ich hab gerade im Internet gesucht – tatsächlich sehen die Beförderungsbedingungen der meisten deutschen Städte genauso aus. Nicht, als würde es mir oft passieren, dass ich innerhalb einer Stunde hin- und zurückfahre.
Und dann hab ich dem Kontrolleur meine schweizer Adresse gegeben. Ob das schlau war? Die Durchsetzung der Forderung an meiner deutschen Adresse wäre ausgesprochen schwierig für das Unternehmen gewesen. Steht hier: Internationales Schwarzfahren schwer zu belangen. Jedenfalls, meine Kooperation bei der Herausgabe der schweizer Adresse wurde nicht besonders honoriert. Man möchte sagen: gar nicht.
Mit einer Rechtsschutzversicherung könnte man noch die Verfassungskarte spielen: Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zulässigkeit von erhöhten Fahrentgelten für Schwarzfahrer.
Und warum bin ich hin- und zurück gefahren? Ich verbringe dieses Weihnachten in Minsk, Belarus. Und also war ich heute morgen pünktlich um 9 Uhr in der weißrussischen Botschaft in Muri um ein Visum zu beantragen. Man kann nur jedem empfehlen, einmal um 9 Uhr morgens zu weißrussischen Botschaft in Muri zu fahren. Man steigt aus dem Bus (ja, ich hatte eine Fahrkarte, irrsinnig freundlicher Chauffeur), und ging dann entlang der Thorackerstrasse Richtung Botschaft. Die Straße grenzt an eine Schafswiese, mit Schafen mit Glocken. Dahinter eine große Wiese, dahinter ein Bauernhof. Auf der linken Seite stehen Botschaften: Botschaft des Haschemitischen Königreichs Jordanien, steht auf der linken Seite. Es ist neblig, still, die Botschaften liegen im perfekten Schlummer. Die Botschaft ist noch abgeschlossen, als ich die Klinke drücke hört man mich und öffnet.
Im Antrag fehlt die Telefonnummer der einladenden Person. Ob die denn wirklich nötig sei. Sie sei. Und wenn sie keine Nummer hätte? Dann müsste ich eine schriftliche Einladung vorweisen. Ok, gibt es hier WLAN, damit ich nachfragen kann? Nein. Darf ich Ihren Computer benutzen? Nein? Zurück im Zentrum vom Muri (neben all den Botschaften) frage ich, wo das nächste Internet ist. Ich frage nach Starbucks, Burgerking, irgendwas. Die Frau am Kiosk lächelt freundlich und sagt, dass es hier so etwas nicht gibt. Also muss ich zurück nach Bern. (Ja, ich löse einen Fahrschein) Ich warte bis McDonald's öffnet, hole mir die Telefonnummer und fahre zurück nach Muri. (Ja, ich löse die dritte Fahrkarte!)
Die Botschaft hat keine Klingel, der Warteraum ist leer, man bemerkt mich eine Viertelstunde nicht. Dann endlich, nachdem ich so laut ich kann klopfe, öffnet man und nimmt meine Dokumente an.
Und wieder laufe ich durchs Botschaftsviertel. Keine Polizei, keine Wachen. Nur Schafe, Stille und ein Bauernhof. (Auf der vierten Fahrt löse ich keine Fahrkarte. Auf der letzten Fahrkarte steht: 1 Stunde. Es steht aber auch: einfache Fahrt. Ich zahle 80 CHF.) Nicht, dass ich ein Experte in Diplomatengegenden wäre. Diese scheint aber wirklich einmalig. Wie gebaut, um die Vorurteile der Ausländer zu bestätigen.
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